Finanzierung  ·  Islam  ·  Moschee  ·  Schweiz
Mirella Candreia

Moscheefinanzierung – Dürfen wir fragen, woher das Geld kommt?

Wenn in der Schweiz eine neue Moschee gebaut wird, fällt meist sehr schnell die Frage nach der Finanzierung. In der Vergangenheit löste dies schon zahlreiche hitzige Debatten aus – oft sogleich gefolgt von politischen Vorstössen. Weshalb ist das Interesse an der Finanzierung von Moscheen so gross? Und darf danach gefragt werden oder ist das schon islamophob?

Im Podcast mit Andreas Tunger-Zanetti, Islamwissenschaftler und Geschäftsführer des Zentrums für Religionsforschung an der Universität Luzern, geht Mirella Candreia diesen Fragen nach. Sie bespricht mit ihm an einem konkreten Beispiel, dem Neubau der Tulipan-Moschee in Reinach (AG), wie es überhaupt zu so grossen gesellschaftlichen Debatten um die Bauten von Religionsgemeinschaften kommen kann.

Tunger-Zanetti glaubt, dass Journalist:innen die Antworten auf ihre Fragen lieber irgendwo sonst suchen, statt die Vereine direkt nach der Finanzierung zu fragen. Das Resultat befriedigt dann häufig eher ein allgemeines Unbehagen bezüglich Religion oder auch die Angst vor der Einflussnahme aus dem Ausland, anstatt dass es einen differenzierten Einblick in die finanzielle Lage der Moscheevereine geben würde.

Die Angst vor der Einflussnahme aus dem Ausland zeige zudem, dass viele nicht begreifen würden, wie Religion funktioniere. So werde der Einfluss des Imams auf die Gemeinschaft überschätzt. In keiner Gemeinschaft werde eine Predigt von der Gemeinde einfach «umgesetzt». Gut bekannt ist dieses Verhalten auch von der Dorfkirche und ihren sonntäglichen Predigten. Die Frage nach den Interessen, die hinter der Finanzierung stecken, sei aber angebracht und sollte im direkten Gespräch mit den Gemeinschaften diskutiert werden.

Ich würde die 1000 Franken im Flüchtlingsbereich einsetzen, vor allem für unbegleitete Minderjährige.
François Emmenegger ist langjähriger, ehrenamtlicher Mitarbeiteri im offenen Haus La Prairie in Bern.
www.laprairiebern.ch
© Stefan Maurerdas Bild ist Teil einer Fotoserie für religion.ch.

Aber wie weit darf das Thema der Finanzierung von Moscheeneubauten überhaupt noch besprochen werden und wann kippt es in Islamophobie? Tunger-Zanetti meint, dass grundsätzlich jedes Thema besprochen werden dürfe, wenn man auch bereit sei zuzuhören und die Diskussion nicht nur führe, um die eigenen Vorurteile zu reproduzieren. In der Schweiz sei es jedoch eher selten, dass diese Diskussionen wirklich in Islamophobie kippen, auch wenn die Debatten teilweise hitzig geführt würden. Es sei ein Vorteil der Schweiz, dass wegen der politischen Prozesse und Abstimmungen die Bevölkerung laufend mit solchen Themen konfrontiert werde. Man diskutiere zwar, aber irgendwann sei die Diskussion auch abgeschlossen und dann könne man es dabei belassen.

Dr. Andreas Tunger-Zanetti studierte Islamwissenschaft, Orientalische Sprachen und allgemeine Geschichte an der Universität Bern. Sein Promotionsstudium erfolgte dann in Freiburg i.Br. und Tunis. Er promovierte mit einer Dissertation über die Beziehungen zwischen Istanbul und Tunis zwischen 1860-1913. Seit 2007 ist er Geschäftsführer des Zentrums für Religionsforschung an der Universität Luzern.


Autor

  • Mirella Candreia

    Religionswissenschaftlerin, Journalistin ||| Mirella Candreia studiert Religionswissenschaft an der Universität Zürich. Sie arbeitet seit 2018 als Journalistin für das alternative Radio RaSA in Schaffhausen und seit 2021 zusätzlich für die Fachredaktion Religion von SRF. Seit 2022 ist sie verantwortlich für die Podcasts auf religion.ch.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Du kannst diese HTML-Tags und -Attribute verwenden:

<a href="" title=""> <abbr title=""> <acronym title=""> <b> <blockquote cite=""> <cite> <code> <del datetime=""> <em> <i> <q cite=""> <s> <strike> <strong>

Diese Website verwendet Akismet, um Spam zu reduzieren. Erfahre mehr darüber, wie deine Kommentardaten verarbeitet werden.