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Berat Pulaj

Iftar mit Mreža Mladih

Überall brennen Kerzen und der süsse Duft von Glühwein stimuliert schon nachmittags unsere Gaumen: Im Dezember ist Weihnachten überall präsent. Aber wie ist es, Feste zu feiern, die in der Öffentlichkeit kaum wahrgenommen werden? Das erleben viele Musliminnen und Muslime im Ramadan, denn in der Schweiz wissen viele nicht, wie hierzulande der Fastenmonat zelebriert wird. In der Reportage von Berat Pulaj bekommen wir einen Einblick, wie ein islamisches Jugendnetzwerk in Luzern am Abend im Monat Ramadan gemeinsam das Fasten bricht.

Vielfach werden Musliminnen und Muslime als homogene Gruppe wahrgenommen. Wie der Islamwissenschaftler Dr. Andreas Tunger-Zanetti treffend zu mir meinte, gestaltet sich die inner-islamische Diversität jedoch äusserst komplex: Unterschieden werden nicht nur die ethnische Komponente, sondern auch die theologischen Traditionen, die je nach Moschee oder Gemeinde differieren können oder auch die jeweils angesprochenen Altersgruppen. Dementsprechend zeigt dieser Beitrag ein einzelnes Beispiel von vielen.

Eine erquickliche Erfahrung

Während meiner Suche nach einer geeigneten Organisation, um diese Vielfalt festhalten zu können, erhielt ich einen Anruf von einem jungen Bosnier, der mich spontan zum Iftar mit seiner schweizweit vernetzten Jugendorganisation in der bosnischen Moschee in Emmenbrücke einlud. Was mich erwartete, war ein beseelter Abend mit spiritueller Behaglichkeit und zugleich adoleszenter Vitalität. In einem religiösen Kulturverein, in dem man ansonsten ernste Predigten bedächtiger älterer Herren vorzufinden erwartet, wurde einem internationalen Netzwerk von Jugendlichen Raum zur geselligen Zusammenkunft geboten.

Eingang des relativ bekannten «Džemat der islamischen Gemeinschaft Luzern» in Emmenbrücke.

Nur ein Bruchstück

Trotz der zahlreichen Eindrücke, die ich an diesem Abend gewinnen durfte, soll das nur ein kleiner Ausschnitt des Vereinsleben gewesen sein. Der Online-Auftritt des Netzwerks bestätigt das deutlich: Von Grillfesten, Velotouren, Bergwanderungen, Campingausflügen, Städtetrips, bis hin zu Paintball- und Go-Kart-Wettkämpfen ist alles dabei.

Während des Ramadans gab es dichtes, landesweites Programm – sogar mit einem Abstecher ins Nachbarland Österreich.
Paintball kommt mir nicht als Erstes in den Sinn, wenn ich an Aktivitäten eines islamischen Kulturvereins denke – obwohl naheliegend für eine Jugendorganisation.

Kein reiner Freizeitverein

Trotz vorhandener Diversität handelt es sich noch immer um eine bosnische Vereinigung, die sich der Erhaltung der nationalen Identität verschrieben hat. So wurde mir während des Iftars auch zugetragen, dass die Organisation auch eine partnervermittelnde Funktion erfüllt. Kundgebungen politischer Art können ebenfalls Gegenstand der Vereinsaktivität sein.

Mreža Mladih 2021 in Mannheim an einer Gedenkveranstaltung für die Opfer des Völkermords von Srebrenica 1995. Die Teilnehmer sind in Fahnen des spätmittelalterlichen Königreichs Bosnien gehüllt. Interessant: Während dieses Königtums waren die Bosnierinnen und Bosnier christlich und gehörten teilweise sogar der eigenen bosnischen Kirche an, die es heute nicht mehr gibt. Dennoch fungiert das Königreich auch für heutige Bosnierinnen und Bosnier als identitätsstiftendes Element der bosnischen Herkunft – genauso wie der Islam. 

Ein Schweizer Islam?

Während des Abends war mir nicht fortwährend präsent, Gast eines bosnischen Kulturvereins zu sein – zu ähnlich die Identitäten in der Schweiz aufgewachsener junger Muslimas und Muslime, die hier studieren, arbeiten und leben. Dennoch sieht Mreža Mladih die bosnische Fahne im Džemat nicht als reines Relikt der Einwanderergeneration – auch wenn der Lebensmittelpunkt in der Schweiz für sie unzweifelhaft ist.

Deckbild auf dem Instagram-Profil des Vereins zur Fotostrecke des Iftars, an welchem ich eingeladen war.

Diese Reportage entstand im Rahmen eines Projektseminars zur Darstellung von religiöser Diversität an der Universität Luzern in Zusammenarbeit mit religion.ch. Im Artikel von Dr. des. Anne Beutter zur Darstellung von religiöser Diversität können die grundlegenden Überlegungen zu dieser Reihe von Reportagen nachgelesen werden.

Autor

  • Berat Pulaj

    Gelernter Kaufmann und Student der Kultur- mit Politikwissenschaften ||| Berat Pulaj, geboren 1991 in Luzern, ist gelernter Kaufmann und studiert Kultur- mit Politikwissenschaften im Major an der Universität Luzern. 2017 hat er, ebenfalls bei der Dozentin Anne Beutter, im Rahmen des Seminars «Sound of Religion» Audioguides zur Luzerner Religionslandschaft beigetragen.

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