Diversität  ·  Individualisierung  ·  Schweiz  ·  Weltzugang
Rafaela Estermann

Über Gott und die Welt – einmal bei euch nachgefragt

Pluralisierung, Individualisierung und Säkularisierung sind grosse Trends, die die Schweizer Religionslandschaft gehörig umpflügen. Durch sie entsteht eine enorme Vielfalt an Weltzugängen. Diese ist jedoch selten auf einen Blick sichtbar. Mit diesem Artikel wollen wir die Vielfalt in der heutigen Gesellschaft der Schweiz veranschaulichen und erlebbar machen. 13 Menschen haben uns jeweils drei Fragen beantwortet.

Pluralisierung lässt sich auf viele verschiedene Phänomene beziehen. Im Zusammenhang mit Religion bedeutet es, dass wir eine Vervielfältigung von Religionsgemeinschaften und Menschen mit verschiedenen Hintergründen beobachten können. Einerseits kamen durch die Migrationsbewegungen der letzten 100 Jahre Menschen in die Schweiz, die sich muslimischen, hinduistischen, buddhistischen oder verschiedenen christlichen Strömungen zuordnen. Andererseits wird es immer selbstverständlicher, dass sich jeder und jede bei verschiedenen Religionstraditionen oder auch nicht-religiösen Philosophien bedient. Die Pluralisierung der Gesellschaft wächst also auch durch die Individualisierung und ist selbst auf der Ebene des Individuums zu beobachten.

Die Säkularisierung ist ein Prozess, mit dem je nach Definition beschrieben wird, dass die Religiosität der Menschen oder die Reichweite religiöser Autoritäten und Institutionen abnehmen. Während es unbestritten ist, dass der Einfluss religiöser Institutionen und Autoritäten weniger wird, hängt es von der Definition von Religiosität ab, ob auch diese als rückläufig verstanden wird. Es ist jedoch davon auszugehen, dass die Zahl der Menschen, die sich als nicht-religiös wahrnehmen, stetig wächst. Dadurch wird die Pluralisierung noch weiter verstärkt.

Um die entstandene Diversität darzustellen, haben wir 13 Menschen drei Fragen gestellt:

  1. Beschreibe deinen Bezug zu Religion, Glaube oder Spiritualität kurz in einem Abschnitt.  
  2. Was glaubst du, passiert, wenn wir sterben? 
  3. Was denkst du über den Papst? 

Die folgenden Antworten verdeutlichen die oben beschriebenen Prozesse und geben einen interessanten Einblick in die vielfältige Schweizer (Nicht-)Religionslandschaft.

Vaibhav, 28

  1. Als Hindu bedeuten für mich die Werte und Lehren des Hinduismus, die Möglichkeit eine tiefere Verbindung zur Welt und meinem inneren Selbst einzugehen. Obwohl ich mich nicht notwendigerweise an religiöse Rituale oder Dogmen binde, schätze ich die Spiritualität als einen Weg zur Selbstreflexion, zur Entdeckung von Sinn und zur Förderung von Mitgefühl und Harmonie in der Welt.
  2. Ich glaube an die Idee der Reinkarnation, wonach die Seele nach dem Tod in einem neuen Körper wiedergeboren wird, abhängig von den Taten im vorherigen Leben und den unerfüllten Zielen der Seele.
  3. Für mich ist der Papst ein Mensch wie jeder andere, der jedoch einen enormen Einfluss auf eine grosse Gemeinschaft ausübt. Dieser Einfluss kann sowohl positiv als auch potenziell gefährlich sein, abhängig von den Entscheidungen und Ansichten, die er vertritt, sowie davon, wie seine Botschaft von den Gläubigen aufgenommen wird.

Giulia, 27

  1. Ich würde mich selbst weder als religiös noch als gläubig oder spirituell bezeichnen, auch wenn ich Erfahrungen gemacht habe, die ich als quasi-religiös bezeichnen würde (z.B. «Erleuchtungen» oder «Eingebungen» beim Nachdenken über ein Thema). Ich finde aber die Themen von einem Interessensstandpunkt her unglaublich spannend – sowohl, weil es mir so fremd ist, gleichzeitig aber doch irgendwie auch nahe. 
  2. Ich glaube, dass unser Bewusstsein erlöscht und wir (als Persönlichkeiten, Individuen etc.) in dem Sinne aufhören zu existieren. 
  3. Ich finde den Papst als eine Institution etwas merkwürdig, weil die Idee für mich fast ein bisschen etwas Blasphemisches hat? Ich verstehe seine Rolle insbesondere auch im Kontext des Katholizismus’ heutzutage, glaube ich, nicht ganz. Seine Ansichten stimmen überhaupt nicht mit den meinen überein, aber ich kann (so rein kognitiv) nachvollziehen, weshalb der glaubt und predigt, was er glaubt und predigt. 

Madelaine, 65

  1. Der Glaube kann einem Menschen in schwierigen Situationen Halt geben. Dies konnte ich erfahren, als ich unser erstes Kind verloren habe. Auch in anderen, nicht nur schwierigen Situationen, fühlte ich mich unterstützt. Auch zu wissen, dass nicht alles in meiner Hand liegt, ist eine Erleichterung. Aber auch im Alltag ist es zu spüren. Zu sehen, wie alles gedeiht und wächst, hat für mich mit Gott zu tun. Seien es Pflanzen oder Kinder. Der Mensch kann in vielen Dingen schon eingreifen, aber er hat nicht alles in der Hand. Der katholische Stempel liegt wahrscheinlich immer auf mir. Ich kann aber mit dem kirchlichen Gebäude nichts mehr anfangen. Die christlichen Werte sind mir jedoch wichtig. Die passen teils aber auch in andere Religionen. Ich bin im Moment nicht auf der Suche nach neuen Orten der Religionsausübung.
  2. Dazu was passiert, wenn wir sterben, habe ich keine grossen Vorstellungen. Man liest so einiges. Aber ich denke, dass das jeder persönlich erlebt. Die einen haben Angst, die anderen nicht. 
  3. Mein erster Gedanke war, dass der Papst ein armer alter Mann ist, der das schwierige Amt nicht ausfüllen kann. Der heutige Papst gibt sich ja sicher Mühe. Er hat auch schon einiges bewegt.  Trotzdem sollte man auch bedenken, dass dieses Amt nicht mehr der heutigen Zeit angepasst ist. Es ist nicht möglich, die Fäden über alle Kulturen in den Händen zu halten. Es bräuchte ein neues Pflichtenheft für diesen Job. Es braucht irgendwie eine Führung, aber nicht so. Wenn man nur mal die Schweiz mit den verschiedenen Kulturkreisen ansieht, wo jeder andere Bedürfnisse hat, wie ist es denn mit der ganzen Welt? Über die Art und Weise dieses Amtes müsste noch gut nachgedacht werden. Auf alle Fälle sollte es viel weltoffener sein. 

Leo, 28

  1. Religion ist für mich etwas, das vor tausenden von Jahren gebildet wurde, um ein gutes Zusammenleben einer Gesellschaft mit Regeln zu ermöglichen. Der Glaube half den Menschen dazumals, Zusammenhalt und einen Sinn in ihrem Leben zu finden sowie eine Kultur aufzubauen. Ausser in armen Ländern hat dieses Hilfskonstrukt aber ausgedient. Auch sind Religionen im Kern gut gemeint, aber die Menschen, die sie leiten, verdrehen sie und nutzen die Mitmenschen in jeglichster Weise aus. Dies gilt für alle Religionen und Glaubensrichtungen. Heutzutage wenden sich viele Menschen von der klassischen Religion ab und suchen die Religion/Glauben in Lebensweisen wie veganem Leben. Ich selber kann weder mit der klassischen noch neuen Religion etwas anfangen, da ich es als Gefahr ansehe für mich und andere, mich auf etwas festzulegen und mein Handeln durch diesen Glauben zu rechtfertigen.
  2. Ich weiss nicht, was passiert, wenn wir sterben. Von Wiedergeburt, zu einer Seele, zu gar nichts kann es alles sein und ist auch nicht relevant für mein Leben.
  3. Der Papst ist für mich das Oberhaupt einer korrupten und menschenrechtsverletzenden Organisation, die durch ihre Macht nur schwer oder oft gar nicht zur Rechenschaft gezogen werden kann. Da vor Gott alle gleich sind, ist ein Oberhaupt des Glaubens für mich vollkommen fehl am Platz. Anhand der Grundsätze dieser Religion dürfte es einen Papst gar nicht geben.

Selim, 27

  1. Ich sehe mich als einen religiösen, gläubigen und spirituellen Menschen. Religiös bedeutet für mich, dass ich mich einer institutionalisierten Gemeinschaft zugehörig fühle, die einen Bezug zum Transzendenten hat und einen gewissen Anspruch auf Kontrolle der Lebensführung erhebt. In meinem Fall zähle ich mich zur Gemeinschaft derjenigen, die sich dem Islam angehörig fühlen. Gläubig ist für mich ein Begriff, der allgemein den Bezug zum Transzendenten betrifft. Dies ist in der Regel Gott oder eine ähnliche Vorstellung über das Transzendente. Für mich bedeutet das, dass ich nicht nur der Gemeinschaft angehöre, sondern auch einen persönlichen Bezug zu Gott habe. Der Begriff Spiritualität wird m.E. heute oft benutzt, um eine Beziehung zu einer höheren Macht zu beschreiben, die nicht den herkömmlichen Vorstellungen entspricht. Für mich ist das mein Interesse an der Mystik, die eine gewisse Verschwommenheit mit sich bringt.
  2. Ich glaube daran, dass, wenn wir sterben, wir von Gott für unsere Taten zur Rechenschaft gezogen werden. Diese Abrechnung entscheidet schlussendlich über den Eintritt ins Paradies oder die Hölle. Hierbei ist grundsätzlich wichtig, dass wir keine Ahnung haben, wie Gott Handlungen wertet, da Er jede und jeden von uns entsprechend seinen und ihren individuellen Umständen beurteilt. Es besteht in diesem Sinne auch kein Anspruch auf Eintritt ins Paradies, denn dies hängt von der Barmherzigkeit Gottes ab, da keine endliche Handlung Anspruch auf eine unendliche Belohnung entstehen lässt. Im Gegenzug ist die Tatsache, die Wahrheit in ihrer unverfälschten Form gekannt und dennoch aus freiem Willen abgelehnt zu haben, eine Sünde, welche die ewige Bestrafung herbeiziehen kann. Da es hierbei mit den tiefsten Gewissensfragen zu tun hat, kann extern keine Aussage über Einzelpersonen getroffen werden.
  3. Ich sehe den Papst als das Oberhaupt der katholischen Kirche. Ich muss zugeben, nicht viel über die katholische Kirche zu wissen. Ich glaube jedoch zu wissen, dass er als Vertreter Jesu/Gottes auf Erden gilt. Ich weiss nicht, was dies genau für Auswirkungen hat. Aber mir kommt dieses System fremd vor, da in meinem Gottesbild keine Schöpfung Gott zu vertreten vermag. Denn der Vertretene gibt dem Vertretenden bei einer Generalvertretung, wie sie mir hier erscheint, die Befugnis, die eigentlich ihm vorbehaltenen Kompetenzen selbst und in seinem Namen durchzuführen. Das führt jedoch zu einer Vergöttlichung des Vertreters. 
Foto: monzenmachi/iStock

Elif, 49

  1. Für mich sind diese Begriffe eng beieinander. Sie sind kaum zu unterscheiden. Religion ist für mich eine Lebensphilosophie, ein Wegweiser. Religion ist in mir tief verankert und spiegelt sich in meinem Denken und Handeln wider. Ich glaube tief in meinem Herzen an einen einzigen Gott und an seine Propheten. Die Spiritualität erfahre ich insbesondere beim Beten, aber auch beim Lesen von Suren aus dem Koran oder von Hadithen, Überlieferungen des Propheten Mohammad (s.a.w.). Die Spiritualität festigt meinen Glauben. Mein Glaube lässt mich religiöse Vorschriften befolgen. Dabei versuche ich immer wieder, mein Handeln und Denken in einen rationalen Zusammenhang zu stellen.
  2. Ich glaube an ein Leben nach dem Tod, an ein Paradies. Dort wird Gerechtigkeit und vor allem Frieden herrschen.
  3. Als Oberhaupt der katholischen Kirche kommt dem Papst ein enorm hoher Stellenwert zu. Wenn ich versuche, mich in Katholik:innen, die den Papst verehren, hineinzuversetzen, empfinde ich grossen Respekt dem Papst gegenüber. Aus diesem Grund haben mich «Papst-Witze» auch immer gestört, obwohl ich sehr viel Humor habe. Als Papst Johannes Paul II. starb, verspürte ich Mitgefühl mit allen, die ihn verehrten. Als Papst Benedikt XVI. sein Amt niederlegte, war ich sehr beeindruckt von seinem Mut. Dieses Amt abzulegen ist meines Erachtens ein grösserer Schritt, als es anzunehmen. Papst Franziskus gegenüber empfinde ich Sympathie. Gleichzeitig stimmt mich der Machtmissbrauch in der katholischen Kirche sehr traurig. Nicht zuletzt auch deshalb, weil dadurch viele Vorurteile gegenüber Religion im Allgemeinen bestätigt werden. Missbrauch kommt überall vor und muss überall geahndet werden. Der Papst müsste aufgrund seiner Machtposition entschlossen dagegen vorgehen. Aus meiner Perspektive geschieht das zu wenig, aber möglicherweise bin ich zu wenig informiert.

Jana, 30

  1. Mein Glaube/Spiritualität hat sich wohl aus verschiedenen Lebenssituationen ergeben und so habe ich einen für mich selbst kreiert, der für mich passt. Dieser ist fluid, verändert sich also teilweise auch stets nach Lebensphase. In meinem Leben konstant war, dass ich an eine Art von Wiedergeburt glaube und, laut einem digitalen Test, sollen meine Glaubensansätze einer Naturreligion aus Afrika angehören.
  2. Ich glaube, wir werden irgendwann mal wiedergeboren. Auf der Welt, sonst wo, den Ort kann ich nicht genau sagen. Ich glaube aber, dass unsere Seele in einer anderen Form weiterleben kann und diese immer einen neuen Platz findet.
  3. Ehrlich gesagt, befasse ich mich äusserst selten mit dem Papst, auch weil ich bei der katholischen Kirche ausgetreten bin. Viele Aussagen und Haltungen kann ich nicht unterschreiben, so beispielsweise auch die Nicht-Akzeptanz gegenüber anderen oder nicht «norm-orientierten» Menschen, beispielsweise Homosexuellen.

Noah, 33

  1. Ich bin mit der jüdischen Religion aufgewachsen. Diese war seit eh und je ein zentraler Bestandteil meiner Erziehung, meines Lebensinhalts, meiner schulischen Laufbahn und nun auch partiell meines beruflichen Wegs. Ich liebe die Vielfalt, sie fasziniert mich: das Gemeinsame aber auch das Anderssein innerhalb der jüdischen Religion und zwischen den Religionen und Kulturen.
  2. Der jüdische Glaube lehrt, dass unser physisches Dasein ein Ende nimmt, aber die Seele in einer mir nicht bekannten Form weiterexistiert und zu Zeiten des Messias wieder aufersteht: «Tchiat Hameitim». Ich glaube nicht direkt daran … Das Judentum lehrt mich, einen Fokus auf das irdische Dasein zu legen. Das Leben so zu gestalten, dass ich mein Bestmögliches im Hier und Jetzt leiste, und so geniesse ich diese Zeit. Danach, glaube ich, wird meine Seele in einem guten und zufriedenen Zustand verweilen. Wo und wie kann ich mir nur schwer ausmalen, aber die Allegorie mit einem himmlischen Fussballstadion, wo man einen besseren Sitzplatz auf das Spielfeld erhält, wenn man ein gutes Leben geführt hat, und vielleicht hinter einem Pfosten platziert wird, wenn man sich schlecht benommen hat, das gefällt mir irgendwie.
  3. Der Papst nimmt für mich eine Idolrolle für eine Gruppe von Menschen ein. Nicht spezifisch für mich und/oder grosse Teile des jüdischen Volks. Er ist meiner Meinung nach eine Person/ein Mensch wie alle anderen, der aber eine Vorbildfunktion innehält, die ihm Macht und Verantwortung gibt, da viele Menschen insbesondere aus dem katholischen Christentum, diesem Vorbild nachkommen.

Simon, 70

  1. Religion kann eine Orientierungshilfe im Leben sein. Sie vermittelt Werte. Ich habe vor allem zum Neuen Testament Zugang. Es zeigt auf, was wichtig für das Zusammenleben ist. Ich glaube an eine höhere Macht, die das Christentum Gott nennt. Ich glaube jedoch nicht, dass er in unser Leben eingreift. Dass der Geist Gottes auf eine für mich nicht erklärbare Weise in allen ist und der Glaube Berge versetzen kann – an das kann ich glauben. Spirituelle Handlungen und Rituale können hilfreich sein.
  2. Sterben ist ein Prozess, der vom Leben in den Tod führt. Was danach kommt, ist ein grosses Mysterium mit vielen Fragezeichen.
  3. Der Papst wird auf einen Sockel gestellt und bekommt viel Macht. Das Papsttum ist eine überholte Sache, die es so nie hätte geben dürfen. Es ist ein Machtapparat von vielen alten Männern im Vatikan und der Kurie, der viel Unheil angerichtet hat und dies immer noch tut. Der Papst ruft auch zum Weltfrieden und zur Nächstenliebe auf. Jedoch ist das Positive in der Minderheit. Er ist im Allgemeinen sehr konservativ.

Carla, 25

  1. In einer Pfarrfamilie aufgewachsen, war mein Bezug zum Christentum und die Auseinandersetzung damit früh selbstversändlich. Prägend für meinen kindlichen Glauben waren die Gebete und Geschichten abends vor dem Zubettgehen. Als Jugendliche standen später immer stärker theologische Fragestellungen im Vordergrund. Seitdem haben mich diese nicht mehr losgelassen und zum Theologiestudium geführt. Wichtig für meinen christlichen Glauben waren dabei immer Menschen innerhalb der Kirche und der Freundeskreis meiner Eltern, deren Persönlichkeit und Engagement für andere Menschen mich beeindruckten.
  2. Ich hoffe auf Gemeinschaft mit Gott und den Menschen, die mir im Verlauf des Lebens wichtig geworden sind. 
  3. Das Papsttum allgemein sehe ich als historisch gewachsene Machtposition. Den jetzigen Papst verbinde ich stark mit dem Wort Barmherzigkeit. Diese Barmherzigkeit ist mir wichtig geworden. Wegen dieser Themenwahl und weiteren theologischen Aussagen ist mir Papst Franziskus sympathisch. 

Lukas, 28

  1. Ich hatte nie wirklich einen Bezug zu Religion oder Spiritualität, da ich nie wirklich Berührungspunkte damit hatte. Es spielt in meinem alltäglichen Leben keine Rolle.
  2. Ich glaube, dass mit dem Zerfall unseres Körpers das, was wir als unsere Person wahrnehmen, gänzlich verloren geht. Ich glaube nicht, dass so etwas wie eine Seele existiert oder weiterleben könnte. Ich glaube aber, dass wir durch unser Schaffen und in der Erinnerung anderer im übertragenen Sinne weiterleben oder zumindest nicht gänzlich verschwinden.
  3. Ich halte nicht viel vom Papst. Aber das geht mich auch nicht wirklich was an, da ich ihn ja als Privatperson nicht finanzieren muss. Ich finde es erstaunlich, dass es den Papst überhaupt noch gibt, aber das müssen die Katholik:innen für sich entscheiden.

Sina, 33

  1. In meiner Kindheit gehörten der Glaube, christliche Rituale, Religion zum Alltag. Als Familie besuchten wir Gottesdienste, den Religionsunterricht und beteten punktuell vor dem Einschlafen. Der Umgang mit Glaube und Religion zuhause war jedoch stets sehr locker und absolut freiwillig.
    Während der Teenagerzeit verlor ich den Bezug zum Glauben, zur Religion. Durch meinen Ehemann fand ich den Weg zurück zum Glauben. Seither bete ich regelmässig zu Gott und zusammen mit der Familie lesen wir regelmässig in der Bibel und feiern Gottesdienste. Wir gehören jedoch keiner Gemeinde an. In meinem Alltag versuche ich, nach den Werten und Lebensweisen von Jesus zu leben.
  2. Ich hoffe sehr, dass Gott in mein Inneres sieht, mein Wesen kennt und mich annimmt. Wo und in welcher Form das sein wird, weiss ich nicht. Ich versuche darauf zu vertrauen, dass es schön sein wird.
  3. Ich weiss kaum etwas über den Papst. Ich weiss nicht, wer der aktuelle Papst ist, was seine Aufgaben sind, sein Auftrag ist. Soviel ich weiss vertritt er konservative, katholische Werte, welche nicht meinen Vorstellungen entsprechen. 

Azra, 52

  1. Religion ist für mich ein zentraler Wegweiser in jeder Situation. Sie gibt mir Erfüllung, Struktur und Anhaltspunkte sowie Trost und Zufriedenheit. Alle drei Begriffe, Religion, Glaube und Spiritualität sind für mich unzertrennlich. Sie sind wichtige Festungen und eine bedeutungsvolle Unterstützung in der Beziehung zu mir selbst, zu meinem Schöpfer und zu meinem Umfeld, in der auch die Natur inbegriffen ist.
  2. Die vier Jahreszeiten, die wir jährlich erleben, zeigen mir, wie der Kreislauf sich schliesst. Der Frühling ist das Leben nach dem Tod (symbolisch Winter). Es ist wie nach Hause, in die ewige Heimat, zum Schöpfer zurückkehren. Der Körper verwest, die Taten und Handlungen gehen aber nicht verloren. Der Glaube an die Gerechtigkeit im Jenseits gibt Hoffnung, dass jeder Mensch das ernten wird, was er auf dieser Welt gesät hat.
  3. Er ist, wie alle Menschen, ein gewöhnliches Geschöpf Gottes. Ich glaube an seine Aufrichtigkeit und finde, dass er eine starke Beziehung zu Gott hat. Allerdings ist es schwierig, in der Art, wie er lebt, ein Vorbild für die Mitmenschen zu sein. Dass manche Menschen ihn vergöttern, kann ich mit meinem Glauben nicht vereinbaren. Er könnte sich mehr für den Weltfrieden einsetzen.

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Autor

  • Rafaela Estermann

    Religionswissenschaftlerin und die Redaktionsleitung von religion.ch ||| Rafaela Estermann ist Religionswissenschaftlerin und die Redaktionsleitung von religion.ch. Ihre Schwerpunkte sind Nicht-Religion, Säkularität und der Diskurs über Religion und den Islam in der Schweiz. Zudem arbeitet sie als wissenschaftliche Mitarbeiterin an der Theologischen Fakultät Zürich in einem Forschungsprojekt (MORE) zum Religionsunterricht über den Islam in verschiedenen Religionsunterrichtsmodellen in der Schweiz, Deutschland und Österreich.

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